24/11/2025 0 Kommentare
Predigt, So., 30.11.25 - Bartholomäuskirche
Predigt, So., 30.11.25 - Bartholomäuskirche
# Predigten

Predigt, So., 30.11.25 - Bartholomäuskirche
Predigt zum Ewigkeitssonntag, 23.11.2025 - Bartholomäuskirche Markgröningen
Predigt zu Joh 5,24-25 -Pfarrer Dr. Frank Dettinger
Liebe Gemeinde,
Ewigkeitssonntag – heute geht es um die großen Fragen des Lebens: um den Tod, das Jenseits und die Hoffnung auf das ewige Leben. Diese Fragen berühren uns tief. Viele von uns mussten im vergangenen Jahr Abschied nehmen. Wir haben Abschied genommen von Eltern und Großeltern, Ehepartner/innen, Kindern, engen Familienangehörigen, auch von Freundinnen und Freunden. Manche Abschiede haben sich länger angekündigt. Andere Abschiede waren ganz überraschend, da sind Menschen mitten aus dem Leben gerissen worden. Abschiede können uns den Boden unter den Füßen wegbrechen lassen.
Und immer wieder stellen sich dabei die Fragen: Wo sind unsere Lieben jetzt? Wie geht es ihnen? Was kommt eigentlich nach dem Tod?
Die christliche Tradition hat viele Worte der Hoffnung gefunden. Und doch spüren wir: Manches klingt in der Tiefe unserer Trauer weit weg. Worte über das ewige Leben erreichen manchmal nicht das, was in uns wirklich schmerzt. Manches mag vielleicht nach frommem Trost klingen.
Unser Predigttext für den heutigen Ewigkeitssonntag steht im Johannesevangelium, in Johannes 5. Und dieser Bibelabschnitt eröffnet uns einen ungewöhnlichen Blick. In Johannes 5,24–25 heißt es:
Jesus sagt: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Es kommt die Stunde und ist schon jetzt, dass die Toten hören werden die Stimme des Sohnes Gottes, und die sie hören, die werden leben.“
Hier werden zwei Ebenen miteinander verschränkt: Ja, Johannes denkt an das Jenseits – an das Gericht, an die Auferstehung. Doch zugleich sagt er etwas Überraschendes: Das ewige Leben beginnt schon jetzt. Wer Jesu Wort hört und ihm vertraut, hat schon heute Anteil an Gottes Leben. Es ist nicht nur eine ferne Hoffnung, sondern es gibt Erfahrungen des ewigen Lebens im Hier und Jetzt, in der Gegenwart.
Das ist ein besonderer Gedanke und tatsächlich ein tröstlicher Gedanke, gerade wenn wir trauern. Wahr ist: Die Sehnsucht nach dem „Danach“ bleibt. Wir dürfen sie haben. Wir dürfen hoffen, dass unsere Verstorbenen aufgehoben sind bei Gott und dass Gott sie liebevoll empfängt, dass sie bei ihm zu Hause sind. Doch gleichzeitig dürfen wir schon hier im Diesseits Zeichen erleben, die stärker sind als der Tod: Momente, in denen uns das Leben anrührt, tröstet, überrascht.
Ich denke an kleine Augenblicke, die wie Lichtstrahlen sind: das Lächeln eines Kindes oder ein Satz, der im richtigen Moment Mut macht, eine schöne Erinnerung, die mich wärmt statt mich zu schmerzen. Wenn wir solche Momente erleben, dann ahnen wir vielleicht: Es gibt mehr als das, was wir sehen. Johannes würde sagen: Das ewige Leben zeigt schon jetzt seine Spuren.
Die ersten Christen, an die Johannes schrieb, kämpften mit vielen Belastungen. Verfolgung, gesellschaftliche Benachteiligung, sie wurden verfolgt, weil sie an Jesus glaubten. Da gab es viel Angst und Bedrückendes. Dazu Streit in ihren eigenen Gemeinden, theologische Auseinandersetzungen, Unsicherheiten. Manche fragten: „Was bringt uns der christliche Glaube überhaupt? Die versprochene Herrlichkeit sehen wir doch nicht!“
Johannes antwortet: „Vielleicht sehr ihr nicht alles. Aber ihr erlebt schon heute Gemeinschaft mit Gott. Ihr erfahrt Liebe, ihr erfahrt Trost, Hoffnung – mitten in all eurem Schweren.“ Diese Botschaft gilt zeitlos, diese christliche Botschaft gilt bis heute, auch uns. Wir sehen nicht immer, wohin unser Weg führt. Aber wir können dennoch spüren, wie wir getragen werden.
Und doch wissen wir: In der Tiefe der Trauer ist das schwer. Wenn der Schmerz überwältigend wird, sind sogar die schönsten biblischen Worte manchmal schwer anzunehmen. Die Trauer kann so groß werden, dass sie alles überdeckt. Dann wirkt die Hoffnung auf das ewige Leben weit weg, und wir können fragen, ob sie uns wirklich trägt.
Johannes will keine billigen Trostworte geben. Er sagt nicht: „Schaut einfach positiv nach vorne.“ Seine Botschaft lautet vielmehr: „Gott ist jetzt da. Seine Nähe kann schon heute erfahrbar werden – in Trost, in Liebe, in Begleitung.“ Und: Diese Nähe weist über dieses Leben hinaus. Sie ist der Anfang der Ewigkeit.
Eine kleine Geschichte kann das vielleicht noch deutlicher machen. Sie stammt von Gabriele Wohmann: Ein junger Pfarrer besucht eine ältere Frau. Er spricht begeistert vom schönen Wetter, von den Blumen im Garten, von der Fülle des Lebens. Die Frau hört ihm zu und sagt schließlich: „Erzählen Sie mir doch etwas Schönes vom Jenseits!“ Der Pfarrer ist irritiert. Er meint, das Diesseits sei doch so wertvoll. Die Frau aber sehnt sich nach mehr – nach der Hoffnung, die weiter reicht als dieses Leben.
Johannes würde sagen: Beide haben recht. Das Leben hier ist kostbar. Und doch bleibt die Sehnsucht nach dem Jenseits. Beides gehört zusammen. Die Liebe, die wir hier erfahren, weist über dieses Leben hinaus. Sie ist ein Vorgeschmack auf das, was Gott uns verspricht.
„Wer mein Wort hört und glaubt, der hat das ewige Leben.“ Schon jetzt. Wir leben nicht im bloßen Warten auf das, was einmal kommen wird. Wir dürfen bereits heute erfahren, wie Gott uns stärkt – durch Menschen und durch Worte, vielleicht auch durch Musik, durch Gemeinschaft und Freundschaft. Was uns jeweils stärkt, was uns jeweils tröstet, das kann ganz unterschiedlich sein. Alles, was trägt und heilt, ist ein Stück dieser Ewigkeit, die jetzt schon beginnt und die einmal vollendet wird.
Und das Jenseits? In der Schriftlesung aus der Offenbarung haben wir gehört: Gott wird alle Tränen abwischen. Der Tod wird nicht mehr sein. Leid und Schmerz werden vergehen. Es sind vielleicht die schönsten Worte, die die Bibel über das Leben nach dem Tod hat.
Liebe Gemeinde, die Botschaft des Ewigkeitssonntags ist heute eine zweifache Botschaft: Wir dürfen trauern, zweifeln, fragen. Wir müssen nicht stark sein. Aber wir dürfen zugleich darauf vertrauen: Gott ist da – jetzt schon. Das ewige Leben beginnt im Hier und Jetzt. Und es wird einmal vollendet in einer Zukunft, in der Gott uns ganz nahe sein wird.
Liebe ist stärker als der Tod. Und diese Liebe Jesu, die Liebe Gottes begleitet uns – heute, morgen und bis in die Ewigkeit. Amen.
Gebet:
Herr, unser Gott, wir danken dir, dass du da bist – auch in schweren Zeiten, auch in der Dunkelheit unserer Wege. Du gehst mit uns durch den Schmerz hindurch. Weite unseren Blick, dass wir deine Nähe wahrnehmen und deine Hoffnungsstrahlen sehen. Stärke uns durch dein Wort: „Der Tod wird nicht mehr sein.“ Treuer Gott, wir bitten dich für alle, die um einen geliebten Menschen trauern. Sei ihnen nahe, wenn die Tage leer werden und die Nächte schwer sind. Tröste sie mit der Gewissheit, dass du niemanden fallen lässt – nicht im Leben und nicht im Sterben. Stärke in uns den Glauben, dass unser Leben bei dir aufgehoben ist und dass kein Abschied für immer bleibt. Lass uns vertrauen, dass wir uns wiedersehen – in deiner Ewigkeit, in der alle Tränen getrocknet werden. Du kennst die Erschöpfung der Seele und den Schmerz, der bleibt. Wir bitten dich: Schenke Menschen, die schwer tragen, Momente des Friedens, Atempausen im Schatten deiner Flügel. Lass sie spüren: Du hältst sie und birgst sie in deiner Liebe.
Wir bitten dich für alle in Pflege und Begleitung, für alle, die Trauernde unterstützen, zuhören, wo Worte fehlen, und Lasten mittragen. Segne sie mit Geduld, Mitgefühl und neuer Kraft. Schenke auch ihnen Orte des Trostes und der Erholung.
Herr, unser Gott, du bist Anfang und Ziel, Quelle und Vollendung unseres Lebens. Wir legen unsere Verstorbenen in deine Hände. Bewahre uns und sie in deinem Licht – und lass uns einst mit ihnen geborgen sein in deinem Frieden.
Amen.
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